Pilgern für Anfänger | Tag 12 | Padrón bis Santiago de Compostela

Pilgern für Anfänger | Tag 12 | Padrón bis Santiago de Compostela

16. Mai 2017 2 Von wandersfrau

Von Padrón bis Santiago de Compostela | 25 Kilometer

Freude und Wehmut begleiten mich auf den letzten 25 Kilometern nach Santiago de Compostela, die ich dank des Ruhetages nun zu Fuß zurücklegen kann. Das Ziel ist zum Greifen nah und trotz gelegentlicher Zweifel und Schwächen, weiß ich nun endgültig, dass ich es schaffe. Während ich durch spanische Dörfer, Wiesen und Wälder wandere, lasse ich die vergangenen Tage Revue passieren, denke an die Menschen, die mir begegnet sind, die Orte und Landschaften die ich sehen durfte und ordne meine Gedanken. Als ich kurz raste, tauchen wie bestellt plötzlich Ellen und Richard auf. Es sind die einzigen Pilger, die ich drei Mal auf dem Jakobsweg getroffen habe. Wir gehen eine Weile gemeinsam, die letzten Kilometer heben sich die beiden Amerikaner aber für den nächsten Tag auf und so bestreite ich den Rest alleine. (Am nächsten morgen werden wir uns zum vierten und letzten Mal auf dem Vorplatz der Kathedrale treffen und uns glücklich in die Arme fallen).

Auf den letzten Kilometern beobachte ich schmunzelnd Pilger aus allen Himmelsrichtungen herbei strömen, die sich humpelnd, hinkend, schlurfend und ausgelaugt mit ihren abgetragenen Rucksäcken und von Schmutz belegter Kleidung immer weiter und weiter schleppen, bis sie – genau wie ich – schließlich die Kathedrale von Santiago de Compostela erreichen um auf dem großen Vorplatz erschöpft und glücklich die Arme in die Luft zu reißen oder einen ruhigen Platz abseits des Trubels zu suchen und sich erschöpft fragen: das war es jetzt?

Gegen 18 Uhr lasse auch ich mich an einem ruhigen Schattenplatz vor der Kathedrale nieder und mustere das in Baunetz und -gerüst gehüllte Pilgerziel. Die letzten Kilometer durch das überfüllte und touristische Zentrum Santiagos haben mich zermürbt und lassen die berühmte Stadt gegen die gesamte Pilgerreise blass aussehen. Der Weg ist das Ziel – heute wird mir klar, was damit wirklich gemeint ist.

Ich bin glücklich und stolz angekommen zu sein, (mehr oder weniger) alleine über 250 Kilometer gepilgert zu sein und sämtliche Herausforderungen bewältigt zu haben. Ich werde viele Erinnerungen mitnehmen, Begegnungen und Geschichten vom Unterwegssein. Santiago de Compostela ist zwar das Ende dieser Reise, aber es ist auch der Anfang von etwas Neuem.